Der Fürst von Pappenheim
(DE 1927, R: Richard Eichberg)

  

Spaß beiseite

Jüdischer Humor, "Arisierung" und verdrängendes Lachen

17. Internationaler Filmhistorischer Kongress, 2004
im Rahmen des
I. Internationalen Festivals
des deutschen Filmerbes


Eine Veranstaltung von CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung
und Bundesarchiv-Filmarchiv Berlin
in Zusammenarbeit mit
Kommunales Kino Metropolis Hamburg
Institut für Neuere deutsche Literatur
und Medienkultur der Universität Hamburg,
Zeughauskino des Deutschen Historischen Museums, Berlin


Sichtung: 20. - 23.5.2004 in Berlin 
(Zeughauskino im Deutschen Historischen Museum)
Festival: 13.-21.11.2004 in Hamburg
Kongress: 17. - 20.11.2004 in Hamburg
(Gästehaus der Universität, Metropolis-Kino)

[Filmprogramm] [Festival] [Kongressprogramm] [Workshops] [Anmeldung(pdf)]

Erinnern und Entdecken, Historie und Neuorientierung haben die Arbeit von CineGraph seit jeher entscheidend bestimmt. Mit dem 17. Internationalen Filmhistorischen Kongress gewinnen sie nun eine zusätzliche, die CineGraph-Geschichte betreffende Bedeutung: Zum 50. Mal jährt sich 2004 der Todestag Reinhold Schünzels, dessen 100. Geburtstag 1988 Anstoß zum ersten CineGraph-Kongress war. Zudem markiert 2004 sowohl das 20-jährige Jubiläum von »CineGraph – Lexikon zum deutsch-sprachigen Film« als auch das 15-jährige Bestehen von CineGraph – Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V.

Aufbruch und Neuorientierung bedeutet 2004 zudem eine wesentliche Erweiterung: Der Kongress ist Bestandteil des I. Internationalen Festivals des deutschen Filmerbes, das von CineGraph und Bundesarchiv-Filmarchiv mit zahlreichen in- und ausländischen Partnern veranstaltet wird. In seinem ersten Jahr widmet sich das Festival über 8 1/2 Tage hinweg Aspekten der Geschichte der Filmkomödie in Deutschland vor 1945.

So schlägt der 17. Internationale Filmhistorische Kongress eine Brücke zum ersten Kongress der CineGraph-Geschichte, Reinhold Schünzel – Sinnlicher Schurke, beschwingter Komödiant, um den Topos des Komödiantischen genauer in den Blick zu nehmen. Spaß beiseite – Jüdischer Humor, »Arisierung« und verdrängendes Lachen untersucht die Entwicklung der Komik im deutschen Film vor 1945 und schenkt dabei der Rolle der jüdischen Komödianten besondere Aufmerksamkeit.

Die Annäherung ist dabei bewusst auf Kontexte und Vergleiche ausgerichtet: Es geht um Übergänge und Brüche in der Entwicklung vom komischen Kintopp der Kaiserzeit bis zur NS-Filmkomödie – und um deren Bezüge zur internationalen Filmgeschichte. Der Kongress fragt nach Traditionen jüdischen Humors aber auch nach den Strategien der Diffamierung und Verfolgung durch die Nazis. Die Auseinandersetzung mit der Bedeutung jüdischer Filmschaffender führt zwangsläufig zu den Lücken, die der Antisemitismus und die »Arisierung« auf der Leinwand gerissen haben. Was genau veränderte sich beim Übergang vom Weimarer Kino mit Protagonisten wie Reinhold Schünzel, Sigi Arno, Dolly Haas, Curt Bois, Franziska Gaal, Kurt Gerron, Blandine Ebinger oder Otto Wallburg zum Unterhaltungsfilm in Nazi-Deutschland? Hierfür gilt es Klassiker und in Vergessenheit geratene Komödien neu zu sehen – Filme wie Reinhold Schünzels DER HIMMEL AUF ERDEN (1926/27) und VIKTOR UND VIKTORIA (1933), Robert Wohlmuths DAS KABINETT DES DR. LARIFARI (1930), Carl Lamacs DIE VOM RUMMELPLATZ (1930), Stefan Szekelys EIN STEINREICHER MANN (1931/32), Max Ophüls LACHENDE ERBEN (1933), Paul Martins GLÜCKSKINDER (1936) oder Kurt Hoffmanns PARADIES DER JUNGGESELLEN (1939).

In diesem Sinne sucht Spaß beiseite – Jüdischer Humor, »Arisierung« und verdrängendes Lachen auch nach den Spuren, die der komische Kintopp der Kaiserzeit im Film der Weimarer und der NS-Zeit hinterlassen hat. Wie entstand aus kurzen Späßen wie z.B. WILLYS STREICHE (KLEBOLIN KLEBT ALLES) (1909) oder EIN MODERNER BRUTKASTEN (1912) die abendfüllende Kinokomödie? Wer folgte Ernst Lubitsch und Ossi Oswalda? Wie entwickelten sich Inszenierungen von Männlichkeit und Weiblichkeit, wohin führten Rollenspiele mit Crossdressing? Die Suche nach Traditionen und Brüchen in der Komödie vor 1945 spiegelt sich nicht zuletzt in den Variationen von ROBERT UND BERTRAM, dessen Adaptationen von 1915 (Max Mack), 1928 (Rudolf Walther-Fein) und 1939 (Hans H. Zerlett) drei Epochen deutscher (Film-)Geschichte miteinander verbinden.


Vorgesehene Panels:

• Übergänge: Kintopp / Lichtspielkomödie, Weimarer-Kino / NS-Film

• Einfluss und Ausschluss

• Traditionen und Stereotypen

• Stars: Komikerinnen; NS-Komödie

• Genres/Spielformen: Kurzspielfilm, Musikkomödien, Militärschwank

• Rollenspiel und Grenzüberschreitung

Voraussichtliche Referentinnen und Moderatoren:

Francesco Bono, Rom – Thomas Brandlmeier, München – Erica Carter, Coventry – Horst Claus, Bristol – Rainer Dick, Kaiserslautern – Jeanpaul Goergen, Berlin – Sabine Hake, Austin – Evelyn Hampicke, Berlin – Renata Helker, Berlin – Knut Hickethier, Hamburg – Horst Jaedicke, Chiavari – Jürgen Kasten, Berlin – Robert Kiss, Heidelberg – Brigitte Landes, Hamburg – Ronny Loewy, Frankfurt/Main – Tom Saunders, Victoria, B.C. – Frank Stern, Beer Sheva / Wien


Konzeption: Jan Distelmeyer

Beratung: Hans-Michael Bock, Thomas Brandlmeier, David Kleingers, Jörg Schöning, Erika Wottrich

Informationen bei: 
CineGraph - Hamburgisches Centrum für Filmforschung e.V. 
Gänsemarkt 43
D-20354 Hamburg 
Telefon: 040-352194
Fax: 040-345864 
email: kongress@cinegraph.de
Ansprechpartnerin: Erika Wottrich



Mit freundlicher Unterstützung von
Arte Straßburg
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DEFA Stiftung, Berlin
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt
Filmmuseum Berlin – Deutsche Kinemathek, Berlin
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung Wiesbaden
Gosfilmofond of Russia, Moskau
Goethe-Institut, München / Moskau
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28-Okt-2004